Pressemitteilung.

Verfassungsänderung zur Entlastung der Kommunen beim Schuldenabbau

SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und FREIE WÄHLER stellen Entwurf vor

Die Landtagsfraktionen von SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und FREIE WÄHLER werden zur Landtagssitzung am 16. und 17. Februar gemeinsam einen Gesetzesentwurf zu einer „Verfassungsänderung zur Entlastung der Kommunen beim Schuldenabbau“ einbringen.

Hintergrund ist, dass das Land - wie von Finanzministerin Doris Ahnen angekündigt - die Hälfte der Liquiditätskredite der Kommunen übernehmen will. Um die nötige Rechtssicherheit für die Kommunen herzustellen, bedarf es einer Anpassung des Artikels 117 der Landesverfassung.

Mit der historischen Entscheidung des Landes sollen die Kommunen dauerhaft entschuldet werden. Das Land soll jenseits eines Sockelbetrages die Hälfte der kommunalen Liquiditätskredite, voraussichtlich bis zu 3 Milliarden Euro, übernehmen. Sollte es auf Bundesebene ebenfalls zu einer Einigung über die Übernahme von Liquiditätskrediten kommen, wird diese vollständig den Kommunen zugutekommen.

Mit der von SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und FREIE WÄHLER vorgeschlagenen Verfassungsänderung wird rechtssicher ermöglicht, dass das Land – oder juristische Personen, an denen es maßgeblich beteiligt ist - Liquiditätskredite der Kommunen übernimmt. Der neue Absatz dient der Klarstellung, dass die Übernahme von kommunalen Liquiditätskrediten – anders als die Aufnahme eigener Kredite – nicht mit Einnahmen verbunden ist. Die Regelungen zum strukturellen Haushaltsausgleich bleiben erhalten. In den laufenden Haushalten sind Zins- und Tilgungszahlungen zu berücksichtigen.

Übernommen werden können Liquiditätskredite, die bis zum Stichtag 31. Dezember 2020 entstanden sind. Es reicht, dass die Schuld vor dem Stichtag entstanden ist. Die Schuldübernahme kann sich auch auf nach dem Stichtag erfolgte Verlängerungen eines Liquiditätskredites beziehen, der vor dem Stichtag aufgenommen wurde.

Die konkrete Ausgestaltung der Übernahme wird nach einer Verfassungsänderung ein Umsetzungsgesetz regeln. Dies betrifft insbesondere die Ermittlung der betroffenen Kreditbestände, die Festlegung eines nicht zu übernehmenden Sockelbetrages, die Höhe des Anteils der Schuldübernahme, die Anrechnung von Vermögenswerten und die Abbildung im Haushalt. Zugleich sollen Vorkehrungen zum Kommunalfinanzrecht getroffen werden, die ein erneutes Aufwachsen des Kreditbestandes verhindern. Die Kommunen sollen über die kommunalen Spitzenverbände bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs miteinbezogen werden.

 

Der Gesetzesentwurf im Wortlaut:

Neununddreißigstes Landesgesetz zur Änderung der Verfassung für Rheinland-Pfalz (Änderung des Artikels 117)

Der Landtag Rheinland-Pfalz hat mit der für Verfassungsänderungen vorgeschriebenen Mehrheit das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Die Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 (VOBl. S. 209), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Mai 2015 (GVBl. S. 35), BS 100-1, wird wie folgt geändert:

Dem Artikel 117 wird folgender Absatz 4 angefügt:

„(4) Das Land oder juristische Personen, an denen das Land maßgeblich beteiligt ist, können aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung nach Absatz 2 Liquiditätskredite der Kommunen zum Stand vom 31. Dezember 2020 übernehmen. Die Schuldübernahme ist keine Einnahme aus Krediten im Sinne von Absatz 1 Satz 1. Das Nähere bestimmt ein Gesetz.“

Artikel 2

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

 

Hintergrund:

Mit dem Begriff Liquiditätskredite sind Kredite zur Liquiditätssicherung nach § 105 der Gemeindeordnung gemeint. Einbezogen sind auch Wertpapierschulden, die der Liquiditätssicherung dienen. Diese sind insbesondere infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise stark angestiegen. Der Bestand der Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich für den Kernhaushalt betrug nach der amtlichen Schuldenstatistik zum 31. Dezember 2020 rund 5,2 Mrd. Euro. Der Liquiditätssicherung dienten zudem Wertpapierschulden in Höhe von 0,8 Mrd. Euro und Kassenkredite der Ortsgemeinden beim öffentlichen Bereich, die im Rahmen einer Einheitskasse aufgenommen wurden, in bereinigter Höhe von bis zu 0,3 Mrd. Euro.