Pressemitteilung.

„Ein Beitrag zu mehr Chancengleichheit und ein bewegender Augenblick“

Markus Stein zum Ende der Kostenheranziehung in Kinder- und Jugendhilfe

„Im Jahr 1985 wird ein Junge in Mannheim geboren. Mit acht Jahren wird er zum Pflegekind und zieht um zu seiner neuen Familie, einer Pflegefamilie in Rheinland-Pfalz. (…) Heute ist der Junge 25 Jahre älter und darf vor Ihnen in diesem Hohen Hause seine Jungfernrede halten.“ Das waren die ersten Sätze, die der SPD-Landtagsabgeordnete Markus Stein am 16. Mai 2019 an den rheinland-pfälzischen Landtag richtete. Und er schloss seine Jungfernrede mit dem Satz: „Der lebende Beweis dafür, dass man als Pflegekind nicht einer erfolglosen Zukunft ausgeliefert ist, steht vor Ihnen.“ Das Thema der damaligen Debatte war denn auch eines, das Stein nicht nur ob seiner besonderen Biografie am Herzen liegt: „Heim- und Pflegekindern ein selbstständiges und verantwortungsvolles Leben ermöglichen – Kostenbeitrag abschaffen“ hieß es im Antrag der Fraktionen von SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Rheinland-Pfalz möge sich einsetzen, dass die im Bundesgesetz geregelte sogenannte Kostenheranziehung abgeschafft wird, lautete der Wunsch. Mit dem heutigen Bunderatsbeschluss wurde aus dem Wunsch Wirklichkeit.

„Dass die Kostenheranziehung in der Kinder- und Jugendhilfe mit der heutigen Zustimmung des Bundesrats zum 1. Januar 2023 abgeschafft wird, ist zum einen eine fantastische Nachricht für viele junge Menschen, die es im Leben ohnehin oft nicht leicht hatten. Sie haben sich ihr Schicksal zu keiner Zeit ausgesucht, sie können für die Gewährung staatlicher Hilfe, die sie mitfinanzieren sollen, rein gar nichts. Es ist zum anderen aber auch gerecht gegenüber alleinerziehenden Müttern und Vätern, die mit ihrem Kind in einer Wohneinrichtung betreut werden, und auch gegenüber den Pflegefamilien, die eine wertvolle Arbeit vollbringen“, sagt Stein zur Entscheidung des Bunderats, einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zuzustimmen. Bisher wurden Kinder, die in einer Einrichtung oder bei einer Pflegefamilie leben, und alleinerziehende Mütter und Väter, die mit ihrem Kind in einer Wohneinrichtung betreut werden, mit bis zu 25 Prozent ihres Einkommens an den Kosten beteiligt - bis 2021 waren es sogar noch maximal 75 Prozent. Diese Regelung entfällt durch eine Gesetzesänderung im Bund zum 1. Januar 2023. Die Abschaffung hatte Rheinland-Pfalz bereits in der Vergangenheit im Bundesrat gefordert.

Dafür hatte sich Stein mit der SPD-Landtagsfraktion und den Koalitionspartnern immer wieder eingesetzt und für das Thema Öffentlichkeit geschaffen. Gemeinsam wurde im Mai 2019 ein Entschließungsantrag eingebracht, der Vorstoß in Ausschüssen und Plenum debattiert. „Die Klassifizierung in den Status eines Pflegekinds führt unweigerlich zu weiteren Fragezeichen in den Köpfen unserer jungen Menschen. Wieso muss das Pflegekind drei Viertel seines Einkommens an das Jugendamt zahlen, während das bei seinem Kumpel nicht der Fall ist? Was hat das Pflegekind in seiner Vergangenheit denn falsch gemacht, dass es hier schlechter steht?“, fragte Stein in seiner Jungfernrede. Und als der Entschließungsantrag in geänderter Form nun auch mit Unterstützung der CDU im November 2019 erneut im Plenum debattiert wurde, sagte er: „Wer glaubt, dass Kinder nur dann lernen, mit Geld umzugehen, wenn der Staat ihnen Geld abnimmt, denkt im Umkehrschluss, Kinder, die über ihr gesamtes Einkommen verfügen, können nicht mit Geld umgehen. Mit Verlaub, das ist eine lebensfremde These. (…) Natürlich gibt es Familien, in denen es üblich ist, als Sohn oder Tochter einen Obolus in die Familienkasse abzugeben. Es ist aber nur schwer zu akzeptieren, diese freiwillige Praxis in den Familien zum jugendhilferechtlichen Zwang zu transformieren, erst recht dann, wenn es häufig zum Beispiel Pflegefamilien sind, die – wie in meinem Fall – den Kostenbeitrag übernahmen, um mich zu entlasten.“

Dementsprechend erleichtert und zufrieden zeigt sich Stein, dass mit dem heutigen Tag das sehr schnelle Ende der Kostenheranziehung beschlossen wurde. „Das ist auf zwei Ebenen eine fantastische Nachricht. Denn zum einen schafft die Ampel in Berlin eine große Ungerechtigkeit ab und verbesserte so allein in Rheinland-Pfalz das Leben von Tausenden Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder in Heimen leben. Ich weiß, wie demotivierend es für sie ist, das erste selbst verdiente Geld ans Jugendamt abgeben zu müssen, statt damit eigene Wünsche zu verwirklichen. In Zukunft sind die Chancen dieser jungen Menschen damit noch unabhängiger von der familiären Situation – diese Chancengerechtigkeit ist und bleibt ein Kernziel unserer Politik.“ Und Stein ergänzte: „Zum anderen ist es für mich ganz persönlich ein wunderschönes Beispiel, was Politik bewegen kann. Wenn ich in der Vergangenheit gefragt wurde, warum es sich lohnt, Politik zu machen, habe ich oft mit meiner Biografie und der Situation für meine Pflegefamilie und meine Mutter geantwortet. Dass dieses konkrete Problem nun gelöst ist, ist für mich persönlich ein bewegender Augenblick.“


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